In den letzten Jahren wurden in Deutschland zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Zugangsmöglichkeiten für ausländische Arbeitskräfte zum deutschen Arbeitsmarkt zu verbessern. Vor dem Hintergrund des steigenden Bedarfs an Akademikern und der wachsenden Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften in Ausbildungsberufen hat die Bundesregierung die Zuwanderung nach Deutschland erleichtert und auch die Regelungen zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse reformiert.
In diesem Zusammenhang spielt insbesondere das am 1. April 2012 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ des Bundes (kurz: Anerkennungsgesetz“) eine große Rolle.
Übergeordnete Ziele der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse
Das Bundes-Anerkennungsgesetz ist wichtiger Bestandteil der Fachkräftesicherung. Es schafft für ausländische Fachkräfte die Rechtsgrundlage, ihre im Ausland erworbenen Qualifikationen in Deutschland individuell prüfen und anerkennen zu lassen. Ein transparentes Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse trägt dazu bei, dass Deutschland im internationalen Kontext als Arbeitsstandort attraktiv wahrgenommen wird.
Anwendungsbereich des Anerkennungsgesetzes des Bundes
Für rund 600 Berufe in der Zuständigkeit des Bundes wird im Rahmen des sogenannten Anerkennungsverfahrens eine Gleichwertigkeitsprüfung durchgeführt, anhand derer sich die jeweilige ausländische Qualifikation mit den Anforderungen in der Bundesrepublik vergleichen lässt.
Vor allem in reglementierten Berufen ist die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erforderlich, da ohne diese keine Ausübung des Berufes in Deutschland möglich ist. Reglementiert sind beispielsweise Berufe im Gesundheits- und Bildungssektor wie Krankenpfleger, Ärzte, Lehrer Erzieher oder Berufsgruppen wie Ingenieure oder Architekten.
Auch wenn in nicht reglementierten Berufen keine Bewertung ausländischer Qualifikationen nach deutschen Maßstäben verlangt wird, so kann eine Prüfung der Abschlüsse dennoch in Bewerbungsprozessen sinnvoll sein, um Arbeitgebern einen Vergleichsmaßstab an die Hand zu geben.
Darüber hinaus wurden die Verfahren zur Bewertung ausländischer Berufsabschlüsse auf bisher nicht anspruchsberechtigte Zielgruppen ausgedehnt wie zum Beispiel Staatsangehörige aus Drittstaaten.
Inhalte und Gliederung des Anerkennungsgesetzes
Beim Anerkennungsgesetz des Bundes handelt es sich um ein Artikelgesetz, das sich aus mehreren Gesetzen bzw. Änderungen und Anpassungen bestehender Gesetze zusammensetzt.
Artikel 1 enthält das neu eingeführte „Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen“ (kurz: Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz oder BQFG), das die Verfahren und Kriterien zur Prüfung der Gleichwertigkeit von ausländischen Berufsqualifikationen zu den deutschen Referenzberufen festschreibt. Dieses Gesetz kommt insbesondere für die rund 330 Ausbildungsberufe im dualen System zur Anwendung. Außerdem regelt es die Anerkennung für die Fälle, in denen die beruflichen Fachgesetze keine entsprechenden Vorgaben enthalten.
Artikel 2 bis 61 beschreiben die Anpassungen und Änderungen der berufsrechtlichen Fachgesetze (wie Krankenpflegegesetz, Bundesärzteordnung, Handwerksordnung etc.). Die Regelungen in den Berufsgesetzen haben grundsätzlich Vorrang vor dem BQFG.
Anerkennungsgesetze der Länder
Das Anerkennungsgesetz des Bundes regelt Berufe, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen, jedoch nicht Berufe, für die die Länder zuständig sind. Hierfür gibt es die zusätzlichen Anerkennungsgesetze der Länder. Nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes im April 2012 haben die einzelnen Länder ebenfalls sukzessive ihre gesetzlichen Bestimmungen geregelt. Im Juli 2014 hat Sachsen-Anhalt als letztes Bundesland sein Landesgesetz eingeführt.
Die Landesgesetze orientieren sich überwiegend an dem BQFG-Musterentwurf, um so ein länderübergreifendes Anerkennungsverfahren mit transparenten Prozessen und Fristen zu etablieren. Allerdings weichen die Landesgesetze teilweise uneinheitlich vom Bundesgesetz ab, indem sie unterschiedliche Regelungen im Hinblick auf den sog. Ein- und Ausbezug von Berufen aus dem jeweiligen Landes-BQFG vorsehen.
Zuständigkeiten bei der Gleichwertigkeitsprüfung
Im Bereich Industrie und Handel führt die IHK FOSA (Foreign Skills Approval) für 77 von 80 Industrie- und Handelskammern Deutschlands die Gleichwertigkeitsprüfung in Berufen durch, die durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt sind. Ausnahmen sind die Kammern Wuppertal-Solingen-Remscheid, Hannover und Braunschweig.
Für das Handwerk regeln grundsätzlich die Vor-Ort-Handwerkskammern alle Angelegenheit im Hinblick auf die Anerkennung. Allerdings wurden sog. Leitkammern etabliert, die überregional über Expertisen zu bestimmten Herkunftsländern verfügen und auf Antrag der Vor-Ort-Handwerkskammern die Gleichwertigkeitsprüfung vornehmen. Die finale Entscheidungsbefugnis verbleibt jedoch bei den Kammern vor Ort.
Bei den Freien Berufen verteilen sich die Zuständigkeiten nach Berufsbildern. Die Steuerberaterkammer Niedersachsen ist verantwortlich für die Gleichwertigkeitsprüfung von Steuerfachangestellten; das Anerkennungsverfahren für zahnmedizinische Fachangestellte wird durch die Zahnärztekammer in Westfalen-Lippe, für medizinische Fachangestellte durch die Ärztekammer in Westfalen-Lippe durchgeführt. Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte werden von der Landesapothekerkammer Brandenburg beurteilt.
Statistische Ergebnisse zu Anerkennungsverfahren
Seit Einführung des Anerkennungsgesetzes im April 2012 wurden bis zum Jahresende 2013 insgesamt 26.466 Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in bundesrechtlich geregelten Berufen gestellt. Nachfolgend sind die wesentlichen Ergebnisse grafisch dargestellt:
Ein Großteil der Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Jahr 2013 hat sowohl bei reglementierten (77,9 Prozent) als auch bei nicht reglementierten Berufen (62,9 Prozent) eine volle Gleichwertigkeit ergeben.
Die drei häufigsten Berufe, für die im Jahr 2013 Gleichwertigkeitsprüfungen durchgeführt wurden, gehören zur Gruppe der medizinischen Gesundheitsberufe.
Nur maximal 6 Prozent der Verfahren in den drei häufigsten reglementierten Referenzberufen wurden negativ beschieden. In allen anderen Fällen lag eine Gleichwertigkeit (tlw. mit Auflage von Ausgleichsmaßnahmen) vor.
Im Segment der nicht reglementierten Berufe wurden am häufigsten Gleichwertigkeitsprüfungen für die Abschlüsse „Bürokauffrau/-mann“, „Industriemechaniker/-in“ und „Elektroniker/-in“ beantragt. Während fast alle Prüfungen für die beiden erstgenannten Berufe mindestens eine teilweise Gleichwertigkeit bestätigten, lag der Anteil bei Elektroniker(inne)n immerhin noch bei rund 83 Prozent.
Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse wurde am häufigsten von Personen mit deutscher, polnischer, rumänischer, spanischer und russischer Staatsangehörigkeit beantragt.
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Mehr Informationen unter:
Anerkennung in Deutschland
Bundesministerium für Bildung und Forschung
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